Digitale Gesellschaften und ihre Körper: Erkundungen und Spannungsfelder der Verkörperung digitaler Sozialität

Category: Event

Mit der Nutzung digitaler Technologien verschieben sich grundlegende Merkmale gesellschaftlicher Sozialitäten. Soziale Medien etwa fördern Empörungskommunikation und führen zu zunehmend enthemmten und de-zivilisierten Interaktionen; Technologien der künstlichen Intelligenz lassen die Grenzen zwischen wahr und falsch verschwimmen und bereiten uns zunehmend Probleme mit der Vorstellung, es gäbe noch rein menschliche Tätigkeiten; digitale Kommunikationsmedien erlauben es, uns auch dann miteinander zu treffen und einander nahe zu fühlen, wenn wir tausende Kilometer voneinander entfernt sind. Zusammengefasst lässt sich konstatieren: Digitalisierung, verstanden als ›gesellschaftlicher Mega-Trend‹ (Themenpaper des ÖGS-Kongresses 2025), prägt auch das soziale Klima der Gesellschaft und impliziert neue Spannungsverhältnisse. Eines dieser Spannungsverhältnisse betrifft digital erweiterte Formen der Verkörperung des Sozialen und die Dynamiken, in denen digitale Technologien verkörpert werden. Während solche Spannungsverhältnisse in älteren Forschungsbeiträgen etwa durch den Gegensatz zwischen online vs. offline oder zwischen virtuell vs. materiell zum Ausdruck gebracht wurden, betonen neuere Ansätze die zunehmende Verwobenheit von Online- und Offline-Welten sowie von medial und physisch vermittelten Räumen, Situationen oder Praktiken. Vor diesem Hintergrund fragt die Session nach den facettenreichen Spannungen, die das zunehmende In- und Nebeneinander von Online und Offline bzw. von medialen und physischen Räumen in sozialen Praktiken für menschliche Körper und die Körperlichkeit von Sozialität mit sich bringen. Derartige Spannungen lassen sich in mindestens sechs empirischen Konstellationen verorten: a) Treffen digitaler ›Körper‹, die durch physische Körper animiert werden (etwa Virtual Reality Treffen) b) Gemeinsame Körperpraktiken auf physische Distanz, die durch Digitales medialisiert werden (bspw. Online-Yoga- oder Tanzgruppen) c) Gemeinsame Wissens- und Kommunikationspraktiken auf physische Distanz, die durch Digitales medialisiert werden (bspw. Online-Schulunterricht, Online-Lehre, Online-Team-Meetings) d) Versuche mittels digitaler Technologien zum Körper der:des Anderen zu gelangen (bspw. durch Telemedizin oder Telepsychotherapie) e) Das Online-Stellen des Körpers, in seinem Sein, Aussehen und Praktizieren (Social Media) f) Konstellationen der digitalen (Selbst-)-Vermessung und -Analyse des Körpers (Life Logging) Die Veranstaltung möchte Beiträge versammeln, die anhand der genannten empirischen Konstellationen nach dem Spannungsverhältnis von medialer und physischer Körperlichkeit in digital erweiterten oder gänzlich digital vermittelten Räumen, Situationen oder Praktiken fragen. Die Beiträge sollen nach Möglichkeit empirische und theoretische Perspektiven kombinieren. Mögliche Fragen, die adressiert werden können sind: Wie werden digitale Sozialitäten verkörpert? Wie werden sie körperlich und/oder emotional produziert und von den Teilnehmenden erlebt? Welche (neue) Rollen spielen Körper in ihrer manuellen (Un-)Geschicklichkeit, ihrer Sensorik und Affektivität in Sozialitäten, die von digitalen Medien- und Informationstechnologien geprägt sind? Welche Ansprüche werden dabei an die ›doppelte‹ Mitwirkung von Körpern in medialen und physischen Räumen sozialen Handelns und Interagierens gestellt? Wie kann das Spannungsverhältnis des Körpers, der zugleich in medialen und physischen Räumen ›ist‹, genauer charakterisiert werden? Wie wird dieses Spannungsverhältnis durch die Teilnehmenden praktisch/durch ihre Praktiken bearbeitet? Welche Chancen und Grenzen digitaler Sozialität werden durch diese Polarisierung erlebt, erlebbar und sichtbar? Wie wirkt der menschliche Körper an der Nutzung von Algorithmen, Automatisierung und/oder Künstlicher Intelligenz mit? Wie werden Körper und die Verkörperung des Sozialen wiederum von diesen Technologien (mit)geprägt? Auf welche Weisen adressieren wissenschaftsinterne und -externe Diskurse die Beteiligung von Körpern in digitalen Formen der Sozialität? In welchem Verhältnis stehen dabei etwa Vorstellungen des Zugewinns neuer Möglichkeiten an Autonomie oder aber neuer (bzw. nicht-intendierter) Hürden und Einschränkungen gesellschaftlicher Teilhabe? Mit welchen theoretischen Konzepten, etwa aus den Bereichen der körper-, der emotions-, der interaktions-, der kommunikations-, der medien- und/oder der techniksoziologischen Forschung, lassen sich Formen des Zusammenspiels und der Verflechtung von Analogem und Virtuellem sowie von Körpern, Materialitäten und Technologien zum Gegenstand soziologischer Analysen der digitalen Gesellschaft machen?

Initiator(s):
Deutsche Gesellschaft für Soziologie

Deadline: 03.03.2025

https://soziologie.de/aktuell/news/digitale-gesellschaften-und-ihre-koerper-erkundungen-und-spannungsfelder-der-verkoerperung-digitaler-sozialitaet

Event: Digitale Gesellschaften und ihre Körper: Erkundungen und Spannungsfelder der Verkörperung digitaler Sozialität

Post created by: Lymor Wolf Goldstein

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